16. Bildung: heute, vor langer Zeit und morgen

 

 

"Unser heutiges Bildungssystem ist umstritten. Wie soll die

Bildung in Zukunft aussehen?"

šberall sieht man heute junge Menschen, die Talent, Energie,

Originalität, sogar Genie haben, die sich aber nicht entfalten

können und frustriert sind. Genauso frustiert sind viele Lehrer,

die in ihrer Arbeit nicht schöpferisch tätig sein können und sich

dem einzelnen Schüler aus den verschiedensten Gründen gar nicht

mehr zuwenden können.

In eurer Welt ist die Bildung viel zu spezialisiert, versachlicht

und zersplittert. Man verengt das Gesichtsfeld der Schüler eher,

statt es zu erweitern. Zu sehr wird das Trennende im Leben

betont, nicht das Verbindende. Statt das Wissen als ein facetten-

reiches Ganzes aufzufassen, wird es in Form vieler einzelner,

mehr oder minder unzusammenhängender Sachgebiete dargestellt.

Eure Jugend ist eure Zukunft. Bildung und Erziehung müssen daher

den allerhöchsten Rang erhalten, und dem Lehrerberuf sollte der

hohe soziale Rang zugesprochen werden, der ihm gebührt.

Die Lehrer in Atlantis vor Tausenden von Jahren waren Menschen

mit einer Berufung, wie die Priester und die Könige; was zählte,

war einzig ihre spirituelle Qualifikation. Bereits in jungen

Jahren wurden die Kinder von den Eltern zum Tempel gebracht, wo

kundige Priester ihre Aura genau studierten und festlegten, wel-

cher Beruf am geeignetsten für sie sein würde. Wer für den Lehr-

beruf ausgewählt wurde, kam dann unter die Obhut von Männern und

Frauen im Tempel, die sich durch Verständnis, Intelligenz und

Weisheit auszeichneten.

Die Wissensvermittlung geschah behutsam; ein zu schnelles Voran-

schreiten ist der falsche Weg. Damals glaubte man, daß eine zu

schnelle Entwicklung des Verstandes in frühen Jahren beim

Menschen die Entfaltung des Gefühlslebens behindert, so daß er

ein äußerst intelligenter, aber emotional unreifer Erwachsener

wird.

Neben den wissenschaftlichen Fächern gab es auch Unterricht in

den praktischen Dingen des Lebens, und statt die jungen Menschen

auswendiglernen zu lassen, spornte man sie zu selbständigem

Denken an. Besonders galt das für alle Jugendlichen, die das Ziel

hatten, später selbst zu unterrichten.

Und heute? Es gibt wohl einige Schulen, die großen Wert auf die

Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schüler legen, die die Ausprä-

gung der Individualität fördern und sichtbare Talente erkennen

und fördern, doch sie sind viel zu selten. Ich möchte einige Ak-

zentverschiebungen vorschlagen, die den jungen Menschen von heute

eine große Hilfe wären und letztlich natürlich auch der ganzen

Menschheit von morgen.

Erstens muß sich das Bildungssystem der körperlichen, geistigen,

emotionalen und spirituellen Bedürfnisse annehmen. Gerade an die

letzten beiden Aspekte muß man von ganz anderer Warte aus heran-

gehen.

Zweitens sollte man den Kindern Gelegenheit geben - ohne sie

durch Konkurrenzdruck anzutreiben -, die eigene natürliche Lei-

stungsfähigkeit im Verhältnis zu den anderen selbst zu ermitteln.

Leistungsdruck führt meistens entweder nur zu šberheblichkeit

oder zu einem angeknacksten Selbstvertrauen und einem geringen

Selbstwertgefühl.

Drittens muß man während der prägenden Jahre in der Schule die

schöpferische Phantasie des Kindes anregen, damit sie sich ganz

zwanglos von innen heraus wie eine Pflanze entfaltet. Dann ist

das Kind in der Lage, später konstruktiv mit anderen zusammen-

zuarbeiten und einen eigenständigen schöpferischen Beitrag zu

leisten.

Damit ist die Richtung ungefähr angedeutet. Die Verantwortung für

ein ausgewogenes Bildungssystem muß aber auch auf den Schultern

der Eltern und der Wirtschaft liegen.

Von großer Bedeutung ist beispielsweise, daß Eltern ihre Kinder

nicht zur Verwirklichung ihrer eigenen ehrgeizigen Ziele

benutzen, sondern ihnen gestatten, sich so schnell und in die

Richtung zu entwickeln, wie es ihnen am ehesten entspricht. Auch

Regierung und Verwaltung dürfen nicht auf Kosten einer allgemei-

nen und ganzheitlichen Bildung und Erziehung dem Konzept

verhaftet bleiben, einfach den "Bedarf" eines bestimmten

Industriezweiges zu befriedigen. Eine zu enge Spezialisierung

führt zu nichts, und wenn man jungen Menschen eine engstirnige

Weltsicht vermittelt, so hat das tödliche Folgen. Wir brauchen

eine Welt, in der man sich auch Zeit nimmt für die Gedanken und

Ansichten anderer. Mit der Gedankenfreiheit und Offenheit im

Denken muß darum gleich zu Anfang begonnen werden - in der

Schule.

Sobald die heutigen Erziehungsmethoden einem mitfühlenderen und

weitsichtigeren System Platz gemacht haben, wird man Bildung als

das erkennen, was sie eigentlich ist, eine zauberhafte Erkun-

dungsreise ("a magical mystery tour"), in deren Verlauf sich

einem die vielen Wunder des Lebens und des Planeten, auf dem wir

leben, offenbaren. Spirituelle Einsichten und Werte werden dann

nicht verspottet, sondern gefördert, und die Schüler werden als

Individuen, als Gedanken Gottes geachtet, deren Bewußtsein sich

ausweitet.

Wenn diese Zeit da ist, in nicht zu ferner Zukunft, dann wird das

Leben kein Hindernislauf mehr sein, den man mit einer Binde vor

den Augen absolvieren muß, sondern ein belebendes Abenteuer ohne

Ende und ohne Grenzen.