30. Wie du dir einen Körper für die Reinkarnation wählst
Dem Geistwesen, das von der Gottheit ausgeht, fehlt es zu Anfang
vollständig an Erfahrung, Wissen und Weisheit. Es ist wie eine
Knospe, die sich erst allmählich öffnet. Zu seinen ersten
Tätigkeiten gehört die Entscheidung, in welchen Teil des Lebens-
stroms es eintreten will. Entscheidet es sich für die materielle
Evolution, kann es das Mineralreich wählen und sich mit Gestein,
Erd- oder Meeresboden verbinden, oder es sucht sich die Pflanzen-
welt, das Tierreich oder die Gattung Homo sapiens aus.
Entscheidet es sich allerdings für die Elemente, so bedient es
sich einer sehr viel intensiveren Schwingung als der mensch-
lichen. Die Frequenz der Elemente ist deutlich klarer wahrnehmbar
als eure eigene.
Das Eintreten in eine irdische Hülle ist kein geistiges Roulette
und auch nicht so, als ob man blind mit dem Finger auf die Land-
karte tippt. Zu Anfang inkarniert man als Teil einer Gruppenseele
und trifft schon bald andere Angehörige derselben Gruppe, die
einen bereits erwarten, um zu helfen. So beginnt das Erdenleben,
man lernt seine Familie, seine Nachbarn, Freunde und Aufgaben
kennen, und der Geist nimmt an diesem Abenteuer teil. Er lernt
aus den Erfolgen und Mißerfolgen. Manche Lektionen lernt man
schnell, zum Beispiel daß man seine Hand nicht ins Feuer hält,
nicht aus dem Fenster eines Hochhauses springt und nicht vor
fahrende Autos läuft. Andere Lektionen sind schwieriger und
komplizierter, und man macht immer wieder denselben Fehler - oder
lernt gleich beim ersten Mal. So geht die Evolution.
Viele Sekten und politische Systeme zwingen ihren Anhängern
starre Dogmen auf, was von diesen oft nur allzugerne akzeptiert
werden, weil das ihnen eine innere Sicherheit gibt. Zugleich
können diese Einschränkungen gut als Ausrede herhalten, um der
eigenen Verantwortung zu entgehen. Man braucht nicht mehr selbst
zu denken, denn alles ist bereits fix und fertig vorgedacht und
geklärt, für alles gibt es Regeln und eindeutige Lösungen. Das
hat zwar vielleicht auch seine angenehmen Seiten, ist aber vor
allem sehr einengend. Alles was man dabei lernt, sind anderer
Leute Konzepte.
Der einfachste Weg zu spirituellem Wachstum heißt: offen sein,
selbst denken, bereit sein, von anderen zu lernen und anderen zu
dienen. Der Geist sucht sich den Körper, in dem er das lernen
kann, was ihm noch fehlt.
Bevor man seinen jetzigen Körper annahm, hat man ihn sich mit
Hilfe anderer Geistwesen und Freunde aus der Gruppe ausgesucht.
Man konnte das vor einem liegende Leben in groben Umrissen
überschauen und das darin enthaltene Karma sehen. Was man von den
geistigen Ebenen aus sieht, ist selten so detailliert, wie es
sich einem Menschen darstellt, da er auch die Kleinigkeiten
deutlich wahrnimmt.
Wenn Geistwesen jung sind, inkarnieren sie, wie gesagt, am
liebsten gemeinsam mit einer Gruppe und folgen der Entwicklungs-
richtung, die diese sich ausgesucht hat. Junge Seelen trennen
sich nicht gerne von der Gruppe, und wenn sie sich doch einmal
in einer fremden Umgebung inkarniert haben, streben sie wieder
zur alten zurück. Anzeichen für eine Gruppenseele erkennt man
überall dort, wo die Menschen lieber in der Masse statt einzeln
auftreten.
Doch sobald der Geist eigenständiger wird, prägt sich seine
Individualität aus. Er löst sich von der Gruppe, um seine eigenen
Wege zu gehen. Das kann schmerzhaft sein, da es bedeutet, die
Sicherheit der Gruppe und eventuell auch der Religion aufzugeben,
mit der die Gruppe sich verbunden hatte. Während einer solchen
Inkarnation muß er neue Anschauungen erwerben und ist auf der
Suche nach sich selbst. Bei Einzelvorhaben arbeitet er vielleicht
gezielt mit kleineren Gruppen zusammen, in denen andere Geistwe-
sen sind, die er mag.
Eventuell taucht hier die Frage auf, ob die Wahl eines bestimmten
Lebens bedeutet, daß alle Abläufe während der Inkarnation
vorherbestimmt sind. Der freie Wille garantiert, daß dies nicht
der Fall ist. Man kann die Richtung jederzeit ändern. Das
Schicksal ist eben keine fremde Macht, die einem hinter der
nächsten Ecke auflauert. Es ergibt sich aus dem, was man mit
seinem Leben anfängt.
Manche Menschen können Voraussagen machen, aber nicht weil die
Zukunft bereits feststeht, sondern weil sie die Folgen unserer
voraussichtlichen Entscheidungen kennen. Deshalb ändern manche
Leute, nachdem sie beim Hellseher waren, ihr Leben entsprechend.
Das kann zum Vorteil sein (indem ein Unglück abgewendet wird)
oder zum Nachteil (wenn man sich vor einer Aufgabe oder Ver-
antwortung drückt), je nachdem, wie präzise die Vision des
Hellsehers war und welche Bedeutung man ihr beimißt.
Stellen wir uns als Beispiel einen Mann vor, den wir Achim nennen
wollen. Mit 23 Jahren lernt er eine Frau kennen, glaubt aber, er
sei noch nicht reif für die Ehe, obwohl nach seinem Karma die
Zeit dafür gekommen wäre. Zehn oder zwanzig Jahre später lernt
er jemand anders kennen und heiratet. Achim hat sein Karma
verändert, und nach Abschluß seines Lebens blickt sein Geist
zurück und sieht, daß er beim Eintritt in diesen Körper bestimmte
wichtige Dinge vorgehabt hatte. Er erkennt, daß Achim nicht alles
wie geplant erreicht hat, dafür aber andere Dinge, die nicht
geplant waren. Er überschaut, wie die Aufgaben dieser Inkarnation
bewältigt wurden, und vielleicht ist er mit den gewonnenen
Erfahrungen sogar zufrieden.
Vielleicht packt ihn aber auch die Reue. Möglicherweise war Achim
im Krieg und verübte Grausamkeiten. Sein Geist, nicht mehr an die
Gefühle und Beschränkungen eines materiellen Leibes gebunden, ist
darüber wahrscheinlich gar nicht froh. Und vielleicht schafft er
sich für eine Zeitlang seine eigene Hölle. Die Hölle ist, wie
schon an anderer Stelle gesagt, kein mythischer Ort mit Feuer und
Schwefel, sondern ein geistiger Zustand, den sich Geistwesen
selbst schaffen, wenn ihnen die zerstörerischen und grausamen
Taten ihres letzten Erdenlebens vor Augen stehen. Und sie ist
eine geistige Region, in der Wesen, die am Bösen ihre Freude
haben, ihre degenerierten Wunschvorstellungen ausleben.
Jeder von euch ist für sich selbst verantwortlich. Eurem eigenen
Gewissen werdet ihr Rechenschaft ablegen, wenn ihr eure irdische
Existenz aufgebt. Ich bin mir sicher, wenn das alle wüßten,
hätten sie eine ganz andere Weltsicht und Einstellung zum Leben.
Nachdem Achims Geist sich über das Für und Wider seiner letzten
Inkarnation klar geworden ist und seine Zeit der Läuterung
durchlaufen hat, ist er vielleicht der Ansicht, daß es für ihn
auf der Stufe des materiellen Lebens noch eine ganze Menge zu
lernen gibt. Er versteht die Lektionen des letzten Lebens,
erkennt seine Schwachpunkte und weiß nun, was für Erfahrungen er
als nächstes braucht, um auf dem Erreichten aufzubauen.
Diese Entschlüsse faßt Achim nicht alleine; um ihn herum sind
andere, die ihm mit Rat zur Seite stehen. Und er wird nicht zu
einem weiteren Leben gezwungen. Allenfalls können weisere Seelen
ihm dazu raten. Die endgültige Entscheidung erwächst aus seinen
eigenen Denkprozessen.
Falls Achims Geist sich zu einer Reinkarnation entschließt, wird
ihm Gelegenheit gegeben - wieder mit der Hilfe erfahrenerer Wesen
-, das für ihn passendste Leben auszuwählen. Da er reiner Gedanke
ist und kein materieller Körper und keine Gefühle ihm das
Verlangen geben, sich den leichtesten Weg zu wählen, ist es gut
denkbar, daß er sich ein schwieriges Leben aussucht, entweder um
frühere Untaten wiedergutzumachen oder einfach um dazuzulernen.
Möglicherweise wählt er sich Eltern, die ihm das Leben schwer
machen, oder er sucht sich ein Leben als Krüppel oder als Mensch
mit einer Geisteskrankheit oder Depressionen aus. Die zentralen
Inhalte seines Lebens werden ihm vorgeführt, und er erfährt, was
sie für ihn bedeuten. Darum ist es so wichtig, daß man sein Leben
akzeptiert, mit ihm klarkommt, und wenn es noch so hart und
unerträglich scheint, denn das eigene innere Selbst hat es sich
ausgewählt und wenn man dieses Leben beendet hat, wird man selbst
prüfend bewerten, was man daraus gemacht hat.
Achims Geist wird eine Vielzahl von Inkarnationen in einem Körper
nach dem anderen durchlaufen, so lange bis er alles beherrscht,
was es in der materiellen Existenzform zu lernen gibt. Danach ist
er soweit, sich andere Bereiche zu erschließen.
Eine gängige Redewendung sagt: "Viele Wege führen nach Rom."
Jeder muß sich aussuchen, auf welchem Weg er ans Ziel gelangen
willt. Soviel steht fest: Es wird sein ganz individueller Weg
sein, den niemand sonst geht, wenn auch viele ihn kreuzen oder
sogar für eine Weile mitgehen werden.
Vor dem Leben braucht man sich nicht zu fürchten. Es ist ein
Abenteuer, daß man genießen und voll ausschöpfen sollte, weil es
dem Geist die Möglichkeit gibt, sich Aufgaben zu stellen, seinen
freien Willen in geordnete Bahnen zu lenken, sich über
Beschränkungen zu erheben, Weisheit und klare Vision zu gewinnen.
Die sozialen und persönlichen Beschränkungen beispielsweise: Egal
ob man nun in einem Indianerstamm in den Anden oder in einem Dorf
in Vietnam, in New York, auf Island oder in Zentralafrika lebt,
die dort herrschenden Umstände werden das Leben stets beein-
flussen. Bist du arm? Bist du reich? Bist du gesund oder hast du
ein Leiden? Hast du liebevolle Eltern, die dir beistehen? Wie
behandeln dich deine Mitmenschen? Wieviele wirkliche Freunde hast
du? Fällt es dir leicht zu geben, nicht Geld oder materielle
Güter, sondern von dir selber? Macht dir der Umgang mit anderen
Menschen Mühe oder zeigst du gern Wärme und Herzlichkeit? Willst
du zurückgezogen und isoliert leben oder lieber viele Menschen
um dich herum haben? Hast du einen wachen Verstand oder nicht?
Das Leben ist voll von diesen prägenden Einflüssen, und sie
verhindern, daß man während der Inkarnation seinen freien Willen
voll ausübt. Der Geist lernt aber auch vieles dadurch, daß er
Begrenzungen akzeptiert und seine Freiheit innerhalb dieser
Grenzen findet. Es bleibt trotzdem noch sehr viel Handlungs-
spielraum (zumindest in freien Ländern), denn wenn man seinen
Wohnort nicht mag, kann man umziehen; wenn man seine Arbeit nicht
will, kann man sich eine andere suchen. Ein schüchterner,
zurückhaltender Mensch kann sich bemühen, dies zu überwinden, und
wird Freude finden, indem er anderen Freundschaft und Herzlich-
keit erweist.
Alle äußeren Umstände und Beschränkungen muß man akzeptieren,
denn fast ganz sicher hat man sie sich auf einer höheren Ebene
selbst ausgesucht. Wenn man sie wirklich versteht, hat man den
Grund für sein Hiersein fast schon gefunden, und die Lektionen,
die zu lernen man gekommen ist, verstanden.
Alles was man heute tut und denkt, wirkt sich auf die Zukunft
aus. Ist das Leben nicht eine einzige Abfolge von vielen "Heute"?
Das Vergangene hat zwangsläufig einen Einfluß auf unser gegen-
wärtiges Tun. Es gilt, daraus zu lernen und sich zu bemühen,
nicht dieselben Fehler zu wiederholen. Es wäre falsch, in der
Vergangenheit zu leben, in der, rückblickend gesehen, scheinbar
alles bestens war. Ebenso wichtig ist es, sich keine Luft-
schlösser zu bauen und auf das Unwahrscheinliche zu hoffen, das
alle Schwierigkeiten lösen wird, die man heute hat. An die
Zukunft sollte man schon denken, doch stets mit offenem Sinn und
bereit, sich auf Unvorhergesehenes einzustellen. Und man darf nie
verlernen zu lachen! Lachen und Humor haben enorme Heilkraft und
gehören zu den entwaffnendsten Kampfmitteln, über die man je
verfügen wird.
Wenn sich ein Geist verkörpert, trägt er die gesamte Erfahrung,
die er in der Vergangenheit erworben hat, im Unbewußten in sich.
Manchmal, wenn der Lebenskampf hart ist und der Widerstand
zunimmt, ist man vielleicht versucht zu sagen, entweder als
Rechtfertigung oder aus Selbstmitleid: "Ich kann doch nichts
dafür. Schließlich wollte ich ja nicht geboren werden."
Doch, das wolltest du!